Angela Beltz
Fasten = einfach mal nichts essen?
Aktualisiert: 13. Feb. 2022
Das Wort Fasten hat mir lange Zeit lautes Magenknurren bereitet. Als ausgesprochener Genussmensch konnte ich mir nicht vorstellen, tatsächlich mehrere Tage - oder sogar Wochen - auf Essen zu verzichten. "Da muss schon ein Arzt mir sagen, dass das der letzte Ausweg ist!", war meine Aussage. Geht es dir genauso?

Bald beginnt sie wieder: die Fastenzeit. Zwischen Aschermittwoch und Ostern verzichten in dieser Zeit viele wahlweise auf Zucker, Fleisch, Alkohol, oder eine Kombination aus diesen Genussmitteln. Es gibt inzwischen aber auch einige Varianten. So nutzen viele die Zeit , um Ernährungsformen wie vegane/vegetarische Ernährung o.ä. zu testen. Vielleicht, weil ein solches Experiment in dieser Zeit gesellschaftlich eher angesehen ist und zu weniger Diskussionen führt. "Ist ja bloß während der Fastenzeit!"
Doch diese Art des Fastens, die ihren Ursprung im Christentum hat, ist nicht die einzige. Auch aus gesundheitlichen Gründen wird gefastet. Dabei gibt es sehr unterschiedliche Ansätze, und sie werden immer zahlreicher.
So gibt es etwa das Intervallfasten, Heilfasten nach Buchinger (z.B. mit Betty von enjoymidlife), Basenfasten, Saftfasten, Kokoswasserfasten, die Schroth-Kur, die Mayr-Kur usw. usf. Scheint also für jeden etwas dabei zu sein. Oder nicht?
Grundsätzlich gilt: Wer es sich so überhaupt nicht vorstellen kann, über längeren Zeitraum nichts zu essen, der sollte das auch nicht tun. Sich zu etwas zwingen, was einem überhaupt nicht behagt, macht keinen Sinn. Das geht nach hinten los!
Wenn man aber offen dafür ist, dann lohnt es sich, es einmal auszuprobieren. Es ist immerhin kein langfristiges Commitment. Man kann jederzeit aufhören, wenn es einem tatsächlich schlecht gehen sollte. Aber vielleicht ist es ja auch mal eine Gelegenheit, aus der Komfortzone zu kommen und sich - im vernünftigen Rahmen versteht sich - selbst herauszufordern ...
Woher ich das weiß, wo ich mich doch so klar dagegen ausgesprochen habe? Ich habe irgendwann tatsächlich mal den Schritt gewagt! Im Rahmen meiner Weiterbildung zur ganzheitlichen Gesundheitsberaterin wurde ich einfach neugierig und habe so einiges ausprobiert.
Neben veganer Ernährung (bei der ich größtenteils geblieben bin) über glutenfreie Ernährung (die fand ich dauerhaft schon etwas schwieriger mit der Familie in Einklang zu bringen) habe ich eine Leberreinigung gemacht. Naja, eigentlich mehrere, denn einmal genügt da in den allermeisten Fällen nicht. Im Rahmen dieser Leberreinigungen habe ich zur Vorbereitung schon einiges weggelassen (tierische Produkte, Zucker und Getreide, und natürlich Koffein und Alkohol) und in der Reinigungsphase jeweils 2 Tage gefastet.
Mein späterer Versuch mit Saft zu fasten ging allerdings total daneben. Vielleicht lag es daran, dass ich mich nicht gut darauf vorbereitet habe (eben mit dem Weglassen o.g. Lebensmittel), vielleicht war es auch der falsche Zeitpunkt, weil ich zu der Zeit großen Stress in meinem Hauptjob hatte. Jedenfalls habe ich es nach einem Tag sein lassen. Von den Säften wurde mir sehr übel, obwohl ich sie normalerweise mag.
Irgendwann erfuhr ich vom Kokoswasserfasten nach Florian Sauer. Das hat mich interessiert und überzeugt und tatsächlich sehr gut getan! Doch dazu später mehr ...
Wozu eigentlich?
Warum fastet man eigentlich? Welche gesundheitlichen Vorteile hat es?
Mit unserer industriellen Ernährung und all den Giftstoffen, mit denen wir tagtäglich in Berührung kommen, landet vieles in unserem Körper, was dieser nicht verarbeiten kann. Die Ausscheidungsorgane (Haut/Schleimhäute, Lunge, Nieren und Darm) sind damit irgendwann überfordert. Was nicht raus kommt, wird eingelagert. Und im Laufe der Jahrzehnte wird das dann so viel, dass es unsere Körperfunktionen beeinträchtigen kann. Die Folge können Stoffwechselprobleme, chronische oder stille Entzündungen etc. sein
Während des Fastens wird auch unsere Verdauung kurzzeitig in die Ferien geschickt. Braucht die Verdauung Ferien? Man kann vielleicht nicht von brauchen sprechen, aber es tut ihr zumindest sehr gut! Unser Körper ist nicht dafür gemacht, tagein, tagaus regelmäßige Mahlzeiten zu verwerten. Denk mal an unsere Vorfahren: Die hatten nicht jeden Tag Erfolg beim Jagen und Sammeln und mussten mit Hungerstrecken klarkommen. Das war auch kein Problem. Der Körper passt sich an. Die Evolution ist jedoch nicht so schnell wie unser Fortschritt, und so tun unserer Verdauung auch heute noch Pausen gut.
Eine Fastenkur schlägt so gleich zwei Fliegen mit einer Klappe: Die Verdauung bekommt ihre verdiente Pause und die eingelagerten Giftstoffe (= Schlacken) können ungehindert ausgeschwemmt werden. Das tut z.B. dem Darm sehr gut, der zukünftig die Nährstoffe wieder viel besser aus der Nahrung aufnehmen und ins Blut abgeben kann. Das tut auch unserer Seele gut, denn - so ging es zumindest mir - man fühlt sich tatsächlich geradezu befreit!
Und was ist mit dem Jojo-Effekt?
Gefastet wird nicht ewig; zumindest wird davon abgeraten, länger als 28 Tage zu fasten. Also kommt es irgendwann zwangsläufig zum Fastenbrechen. Und dann? Nimmt man dann wegen des gefürchteten Jojo-Effekts nicht wieder zu? Und wiegt man dann wegen des Hungerstoffwechsels nicht hinterher mehr als vorher?
Nicht unbedingt! Zumindest nicht, wenn man das Fastenbrechen langsam angeht und die Rückkehr zur normalen Ernährungsweise ganz behutsam einschleicht. Das ist im Normalfall auch gar kein Problem, da man nach dem Fasten ohnehin sehr schnell satt ist.
Aber: Kann man mit dem Fasten tatsächlich abnehmen?
Das Fasten ist eine ganzheitliche Kur. Soll heißen: Es wirkt sich nicht nur auf den Körper aus, sondern auch auf den Geist. Viele berichten, beim Fasten den Drang verspürt zu haben, auch im Haus mal so richtig auszumisten. Ebenfalls viele haben die Erfahrung gemacht, dass sie sich Gedanklich in dieser Zeit sehr stark in sich selbst zurückgezogen und dort ebenfalls "ausgemistet" haben. Bei mir war es z.B. so, dass ich mich während dieser Phasen so ein bisschen wie während der Schwangerschaften gefühlt habe: Mir war alles andere (fast) egal, und ich hatte den Kopf nur für mich selbst frei.
Was ich damit sagen will ist, dass das Fasten sich super dafür eignet, ein besseres Gespür für sich selbst im Allgemeinen und im Besonderen auch für seinen Körper zu bekommen. Wenn man dann das Fastenbrechen beginnt und zur Alltags-Ernährung zurückkehrt, hat man ein viel besseres Gespür dafür, was der Körper braucht, was ihm nicht gut tut (dadurch habe ich meine Laktose-Intoleranz entdeckt) und - für das Abnehmen sehr interessant - wie viel Nahrung man tatsächlich benötigt. Man entwickelt mehr Achtsamkeit und Intuition für den eigenen Körper.
Diese gilt es dann beizubehalten. Wenn man das schafft, wird man das durch das Fasten verloren gegangene Gewicht auch halten können. Ein bisschen nimmt man natürlich wieder zu, denn der Körper hat während des Fastens auch viel Wasser verloren, was er jetzt wieder speichert. Aber über das verlorene Fett kann man sich freuen, wenn man in Sachen achtsames und intuitives Essen am Ball bleibt und sich nicht davon ablenken lässt. Wenn einem diese Tatsache bewusst ist und man ein Augenmerk darauf hat, fällt es jedoch sehr leicht, dabei zu bleiben!
Wer sollte NICHT fasten?
Im Zweifelsfall sollte man selbstverständlich Rücksprache mit dem Arzt halten. Wenn man jedoch gesund ist, spricht im Normalfall nichts dagegen.
Nicht fasten sollte man allerdings, wenn man unter einer Stoffwechselstörung leidet (z.B. Bluthochdruck, Adipositas, Diabetes Typ II) sowie bei chronischen Erkrankungen, Nierenfunktionsschwäche, Untergewicht, bei Essstörungen, Demenz sowie schwangere und stillende Frauen.
Ist Intervallfasten ein Kompromiss?
Kompromiss klingt immer danach, als bekäme man nur die Hälfte von dem, was man eigentlich möchte. Aber man muss sich natürlich zunächst die Frage nach dem eigenen Ziel stellen. Durch das Intervallfasten wird man keine Entschlackung erreichen. Wenn man jedoch das Frühstück weglässt, kann man die allnächtliche Entgiftungsphase des Körpers in die Länge ziehen, was dem Körper sicherlich gut tut. Auch die Verdauungspause ist von Vorteil, zumal der Körper ab einer Fastenphase von da. 12 Stunden in die sogenannte Autophagie übergeht. So nennt man die Phase, in der der Körper ganz intensiv abgestorbene oder fehlgebildete Zellbestandteile abbaut. So werden die Körperzellen "gereinigt". Zelldetox sozusagen. Eine Verjüngung von innen heraus, die man oft auch im Außen sieht!
Hinzu kommt, dass der Körper nach 12 bis 16 Stunden beginnt, auf die Fettreserven zurückzugreifen, da die Zuckerreserven aufgebraucht sind. Wann genau dies der Fall ist, ist jedoch ganz unterschiedlich. Bei Frauen beginnt dieser Prozess tendenziell früher, weil sie kleinere Zuckerreserven haben. Dennoch ist es immer sehr individuell.
Beim Intervallfasten gibt es unterschiedliche Herangehensweisen:
16:8 / 14:10 / 12:12
Die erste Zahl beschreibt den stundenweisen Fasten-Zeitraum, die zweite Zahl den Zeitraum, wo gegessen wird. Meistens wird hierbei eine Mahlzeit ausgelassen, v.a. bei 16:8 und bei 14:10. Welche Mahlzeit man ausfallen lassen möchte, hängt vom Ziel ab (das Frühstück ausfallen lassen fördert z.B. die Entgiftungsphase, s.o.) und vor allem vom Typ. Wenn es generell schwer fällt, morgens ohne Frühstück das Haus zu verlassen (so eine bin z.B. ich ;-), sollte man es lieber mit dem Abendessen versuchen.
Wenn man es mit dieser Art des Intervallfastens versuchen möchte, sollte man sich langsam herantasten. Z.B. zunächst mit 12:12, und wenn das nicht (mehr) schwer fällt, langsam übergehen zu 13/11, dann zu 14:10 etc. ABER: Es ist sehr wichtig, sich hierbei keinen Stress zu machen! Wenn man merkt, dass es einem nicht gut bekommt: lieber einen Schritt zurück gehen! Denn: Stress führt dazu, dass der Stoffwechsel sich verlangsamt. Und das ist nun wirklich kontraproduktiv.
Auch Personen mit einer Hormon-Dysbalance sollten hier sehr auf sich achten. Die Hormone können durch Stresshormone noch mehr aus der Balance geraten.
5:2
Bei dieser Art des Fastens isst man 5 Tage in der Woche ganz normal, und an 2 Tagen max. 500 bis 800 Kalorien bei Frauen, 600 bis 850 Kalorien bei Männern. Ansonsten wird viel Wasser oder Tee getrunken.
Der große Nachteil bei beiden Varianten des Intervallfastens ist, dass die Art der Ernährung selbst nicht im Fokus steht. Je nach Ausgangsernährung wird hierdurch natürlich keine Besserung der Ernährung an sich erreicht.
Mein Fazit
Wenn man das Fasten - welche Art auch immer - ausprobieren möchte, ist es gesundheitlich eine gute Sache (selbstverständlich nur, wenn man gesund ist bzw. es mit dem Arzt abgesprochen hat). Eine ausgewogene, vollwertige Ernährung sollte jedoch immer im Vordergrund stehen.
Man sollte sich jedoch keinen Stress machen und nichts erzwingen wollen! Zum einen ist Stress kontraproduktiv, zum anderen soll Gesundheit auch Freude machen!
Wichtig ist, dass man gut zu sich selbst ist und nicht gegen den eigenen Körper ankämpft. Dann kann das Fasten - wie oben beschrieben - zu einer schönen Me-Time werden :-)